Versicherung wirft Obliegenheitsverletzung vor – was jetzt?

Nach der Schadenmeldung an Ihre Wohngebäudeversicherung warten Sie auf deren Reaktion. Sie möchten mit den Sanierungsarbeiten beginnen und wissen, an welche Stelle Sie Kostenvoranschläge senden sollen. Als sich die Versicherung endlich meldet, trauen Sie Ihren Ohren nicht. Der Schaden sei im Grunde versichert, sagt man Ihnen. Doch dann ein „Aber“. Die Versicherungsgesellschaft versagt Ihnen die Leistung. In ihrer Erklärung wird gegen Sie der Vorwurf einer Obliegenheitsverletzung erhoben. Es ist schwer zu verstehen. Jahrelang haben Sie pünktlich Beiträge gezahlt. Ihr Versicherungsschutz wurde immer zeitgemäß angepasst. Was sollen Sie falsch gemacht haben?

Dass ein Versicherer seine Schadenszahlung wegen einer Verletzung der Obliegenheitspflicht vorenthält, ist nicht selten. Diese Begründung hat jedoch immer einen faden Beigeschmack. Mit dieser Erklärung wird gegen Sie ein konkreter Vorwurf erhoben. Oder anders gesagt: Sie haben sich in der Zeit vor oder nach dem Schaden falsch verhalten. Besonders in der Wohngebäude- und der Hausratversicherung kommt es durch Unkenntnis schnell zu einer Missachtung der Obliegenheiten.

Wir von der Deutschen Schadenshilfe wissen aber auch: Oftmals wird der Vorwurf von Obliegenheitsverletzungen vorschnell und zu Unrecht zur Leistungsverweigerung genutzt. Das können Sie als Geschädigter natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Wir unterstützen Sie bei Bedarf bei der Leistungsdurchsetzung und Schadenregulierung: Mit einem Experten-Netzwerk aus:

  • Sachverständigen (Gutachtern),
  • Fachanwälten für Versicherungsrecht sowie
  • erfahrenen Sanierungsprofis.

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Fachexperte Jens Hoffmann |
10 Min
Lesedauer: 10 Minuten

Inhaltsverzeichnis

Jeder Versicherungsnehmer hat vertragliche Pflichten

Die Versicherung schließt mit Ihnen einen Versicherungsvertrag. Das Schema ist immer ähnlich. Sie haben ein benanntes Risiko, z. B. den Totalverlust Ihres Gebäudes durch ein Feuer. Der Versicherer schützt Sie in dieser Situation, indem er den Wiederaufbau des Hauses bezahlt. Doch der Versicherungsvertrag kommt unter bestimmten Voraussetzungen zustande. So müssen Sie z. B. wahrheitsgemäße Angaben über den Zustand des zu versichernden Hauses machen. Eine andere Voraussetzung ist besondere Sorgfalt beim Brandschutz des Gebäudes. Die Wohngebäudeversicherung möchte ein kalkulierbares Risiko und erlegt Ihnen sogenannte Obliegenheiten auf.

Die Definition ist simpel. Die Obliegenheit ist eine Selbstverpflichtung innerhalb eines Vertragsverhältnisses. Folglich sind dies Pflichten, die Sie gegenüber der Versicherung mit Ihrem Vertrag übernommen haben. Benannt werden die Obliegenheiten sowohl im Antrag als auch in den Versicherungsbedingungen. Die erste Obliegenheitspflicht begegnet Ihnen also schon beim Ausfüllen des Antrages. Hier gemachte Angaben zum versicherten Objekt müssen der Wahrheit entsprechen. Denn es ist für die Gebäudeversicherung wichtig zu erfahren, ob die Elektroinstallation neuesten Anforderungen entspricht. Machen Sie im Antrag unwahre Angaben, kann die Versicherung das Risiko nicht richtig kalkulieren. Beachten Sie, dass falsche Angaben nur vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig gemacht werden können. Deshalb wiegen die Folgen auch so schwer. Im schlimmsten Fall kann sich Ihre Versicherung auf Leistungsfreiheit berufen. Mit den Obliegenheiten legt Ihnen die Versicherung also Verhaltensregeln auf. Sie sollten diese unbedingt kennen. Diese Regeln gelten aber nicht nur bei der Antragstellung.

Obliegenheiten gelten vor dem Schaden und danach

Die Versicherung grenzt genau diese beiden Bereiche voneinander ab. Der Versicherungsfall ist der Eintritt des Schadens. Wenn lange kein Schaden passiert ist, verliert man schnell die Verpflichtungen aus dem Auge. Dabei sind es gar nicht wenige. Wichtige Obliegenheiten während der Vertragslaufzeit sind die Mitteilungspflichten. Wenn sich die versicherte Sache verändert, möchte der Versicherer Bescheid wissen. Der Umbau des Hauses erhöht auch dessen Wert. Dies müssen Sie der Gebäudeversicherung anzeigen. Meldepflichtige Gefahrerhöhungen können auch die Inbetriebnahme eines Pools oder eines sehr großen Aquariums sein. Manchmal ändern sich Rahmenbedingungen in der Hausratversicherung, die das Risiko eines Schadens erhöhen. Beispiele hierfür sind dauerndes Unbewohntsein eines Hauses oder die Errichtung eines Baugerüstes. Beides erhöht die Gefahr eines Einbruchdiebstahls. Es kann außerdem passieren, dass ein Leitungswasserschaden erst sehr viel später entdeckt wird.

Mangelnde Wartung ist eine Obliegenheitsverletzung. Hierbei unterlassen Sie Sorgfaltspflichten und begünstigen das Entstehen von Schäden. Viele Obliegenheiten erfüllen Sie schon gewohnheitsmäßig. Sie verschließen bei Abwesenheit Ihre Haustür. So schützen Sie Ihren Hausrat. Ihre Heizungsanlage muss wegen des Emissionsschutzes regelmäßig durch den Schornsteinfeger kontrolliert werden. Terrassenmöbel räumen Sie vor einem angekündigten Unwetter weg. Für Ihre Hausratversicherung erfüllen Sie damit eine Obliegenheit.

Die wichtigste Vertragspflicht nach dem Eintritt des Versicherungsfalles ist die Schadenminderungspflicht. Sie müssen alles tun, um den Schaden so gering wie möglich zu halten. Das beginnt mit der unverzüglichen Alarmierung der Feuerwehr, statt durch eigene Löschversuche Zeit zu verschwenden. Bei einem Leitungswasserschaden müssen Sie sofort, wenn Sie den Schaden bemerken, die Wasserzufuhr stoppen. Die unverzügliche Schadenmeldung gehört ebenfalls zu den Obliegenheiten. Für einige Ereignisse sind Fristen gesetzt, die zwingend eingehalten werden müssen. Hierdurch möchte die Versicherung eine möglichst frühzeitige Mitwirkung bei der Schadenregulierung erreichen.

Rechte und Pflichten: Verletzt man als Versicherungsnehmer seine Pflichten, wird das in Rechtssprache als "Obliegenheitsverletzung" bezeichnet und kann dazu führen, dass die Versicherung (Hausratversicherung, Gebäudeversicherung) die Leistung verweigert. (© magele / stock.adobe.com)
Rechte und Pflichten: Verletzt man als Versicherungsnehmer seine Pflichten, wird das in Rechtssprache als “Obliegenheitsverletzung” bezeichnet und kann dazu führen, dass die Versicherung (Hausratversicherung, Gebäudeversicherung) die Leistung verweigert. (© magele / stock.adobe.com)

Gebäudeversicherung und Hausrat: Obliegenheitsverletzungen haben erhebliche Folgen

Obliegenheitsverletzungen werden auch als Verschulden gegen sich selbst bezeichnet. Als Folge hiervon muss man sich den Schaden selbst zurechnen lassen. Das Versicherungsvertragsgesetz (§ 58) stellt klar:

  • Verletzt der Versicherungsnehmer schuldhaft eine Obliegenheit, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet.

Diese Bestimmung bezieht sich auf die Obliegenheitsverletzungen vor dem Eintritt des Versicherungsfalles. Deshalb sollten Sie diese auch kennen. Lassen Sie sich schon bei Antragstellung genau beraten, was das Versicherungsunternehmen von Ihnen erwartet. Es muss Sie über die Obliegenheiten umfassend aufklären. Gewöhnlich geschieht dies durch die Übergabe der Versicherungsbedingungen. Informieren Sie sich genau, welche Rechtsfolgen eine Fahrlässigkeit hat. Einige Versicherer tolerieren Fahrlässigkeit bis zu einer begrenzten Schadenhöhe. Es kann nicht oft genug wiederholt werden: Eine schuldhafte Verletzung der Obliegenheiten befreit die Versicherung von der Zahlung.

Nach dem Schadensfall geht es häufig um unzureichende Maßnahmen zur Schadenminderung. Hier versucht der Versicherer die Kürzung seiner Leistung zu erwirken. Es wird genau geschaut, welche Folgen diese Obliegenheitsverletzung tatsächlich hatte. Die Hausratversicherung erwartet in einem Schadensfall, dass Sie den betroffenen Hausrat aus dem stehenden Wasser entfernen. Wenn sich durch Ihre Untätigkeit Schimmel bildet, wird der Versicherer nicht bereit sein, dafür zu zahlen. Stellen Sie an einem Wochenende eine feuchte / nasse Wand fest, lassen Sie umgehend eine Leckageortung durch einen Leckorter vornehmen. Vertagen Sie das Problem keinesfalls, nur weil Ihre Gebäudeversicherung erst montags wieder erreichbar ist.

Bei Versicherungsverträgen, die an betroffene Dritte leisten müssen, führen Obliegenheitsverletzungen häufig zum Regress. Das bedeutet, dass die Versicherung den Schaden bei dem anderen Beteiligten zahlt. Das Geld fordert sie aber von ihrem Versicherungsnehmer zurück. Ein häufiges Beispiel hierfür ist ein Verkehrsunfall mit einem alkoholisierten Verursacher. Ebenso kann eine Gebäudeversicherung bei dem Mieter eines Hauses Regress fordern, wenn dieser grob fahrlässig einen Brand verursacht hat.

Obliegenheiten & Obliegenheitsverletzung (© MQ-Illustrations / stock.adobe.com)
Obliegenheiten & Obliegenheitsverletzung (© MQ-Illustrations / stock.adobe.com)

Wie Sie mit dem Vorwurf der Obliegenheitsverletzung durch die Versicherung umgehen

Wenn ein Schaden nur durch Obliegenheitsverletzungen entstehen konnte, ist der Versicherer von der Leistung frei. Das Schadenereignis ist dann so gestellt, als hätten Sie es verursacht. Oft passiert dies bei Frostschäden in unbewohnten Wohnungen. Hier wird verlangt, dass die Heizungen eine Grundwärme zur Verfügung stellen. Das vollständige Abschalten einer Heizungsanlage im Wochenendhaus während des Winters ist eine Obliegenheitsverletzung. Kommt es zum Einfrieren der Wasserleitungen und folgend zu einem Wasserschaden, wird die Wohngebäudeversicherung nicht leisten. Siehe auch: Gebäudeversicherung zahlt nicht

Was können Sie jetzt tun? – Zunächst einmal muss die Versicherung dem Versicherungsnehmer die Pflichtverletzung konkret benennen. Sie prüfen nun, ob dieser Sachverhalt der Wahrheit entspricht. Ist das nicht der Fall, geben Sie umgehend eine Stellungnahme ab, in welcher der Vorwurf aus dem Weg geräumt wird. Die Beweislast für die Verletzung einer Obliegenheit liegt beim Versicherer. Vielleicht waren Sie durch eine Krankheit verhindert und konnten die Heizung nicht abstellen. Möglicherweise stellt sich heraus, dass Sie doch schuldhaft gehandelt haben. In diesem Fall prüfen Sie zwei Dinge.

  1. Erstens muss der Versicherer beweisen, dass Sie über Ihre Obliegenheiten informiert waren. Sind Ihnen die Versicherungsbedingungen tatsächlich übergeben worden? Hat sich der Versicherer klar und deutlich ausgedrückt?
  2. Zweitens müssen diese Obliegenheiten für Sie als Versicherungsnehmer zumutbar und durchführbar sein. Besonders bei der Pflicht zur Schadenminderung gibt es Grenzen. Sie dürfen weder Leib noch Leben in Gefahr bringen. Versuchen Sie also nicht während eines Orkans eine Notreparatur am Dach vorzunehmen. Wenn Sie gerade einen Bandscheibenvorfall auskurieren, können Sie Ihren Hausrat nicht aus der überschwemmten Wohnung schaffen.

Der Schadensachbearbeiter entscheidet oft nach Aktenlage. Ein Gutachten muss er jedoch zur Kenntnis nehmen. Scheuen Sie sich also nicht, die Schadensursache durch einen von Sie beauftragten Sachverständigen klären zu lassen.

Der Vorwurf des Versicherers muss nicht das letzte Wort sein

Mit dem Einwand der Obliegenheitsverletzung hat die Versicherungsgesellschaft ein scharfes Schwert in der Hand. Die Verwendung dieses Begriffes durch die Schadenregulierer lässt Leistungsfreiheit oder Leistungskürzung erwarten. Bewahren Sie dennoch einen kühlen Kopf. Lassen Sie einen erfahrenen Anwalt für Versicherungsrecht prüfen, ob auch der Versicherer seinen Pflichten nachgekommen ist. Denn für Ihre Versicherungen arbeiten Menschen, die selbstverständlich Fehler machen können. Das schließt die Gutachter oder Schadenregulierer der Versicherungen mit ein. Beauftragen Sie im Zweifel einen eigenen Gutachter.

Ob Anwalt oder Gutachter – wir helfen Ihnen dabei, den Richtigen für Ihr Problem zu finden. Siehe auch: Widerspruch Versicherung. Der Sachverstand von Profis hilft Ihnen dabei, mit der Versicherung auf Augenhöhe zu bleiben. Denn es geht um Ihr Eigentum und Ihr Recht.

Jens Hoffmann
Leiter Sachschaden

Wir unterstützen Sie sofort bei der erfolgreichen Schadensabwicklung.

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