Neuwert und Wiederbeschaffungswert – was man wissen sollte
Bei einer Hausratversicherung handelt es sich um eine sogenannte Neuwertversicherung. Beim Neuwert handelt es sich um den Wiederbeschaffungspreis für ein Objekt “derselben Art und Güte” – das heißt also, die Kosten für ein gleichwertiges oder dasselbe Objekt im Neuzustand. Beim Wiederbeschaffungswert sind vor allem die momentanen Anschaffungskosten für ein Neugerät besonders relevant. Wird ein TV-Gerät zum Beispiel durch ein über die Versicherung abgesichertes Risiko beschädigt, so errechnet der Versicherer den Betrag, der für die Wiederbeschaffung aufgebracht werden müsste. Dieser kann höher als der ursprünglich vom Versicherten bezahlte Betrag sein, er könnte aber auch niedriger ausfallen, da sich Anschaffungspreise natürlich stetig verändern können.
Handelt es sich bei einem beschädigten Objekt um eine Antiquität, so ist deren Wert natürlich höher – hier würde man also mit hoher Wahrscheinlichkeit einen höheren Wiederbeschaffungswert bekommen, um sich dafür eine ähnlich wertvolle Antiquität kaufen zu können.
Die Hausratversicherung ist eine Neuwertversicherung.
Geht ein bestimmtes, versichertes Gerät im Schadenfalls kaputt oder wird gestohlen, kann man sich ein gleichartiges neu kaufen.
Was es mit dem Zeitwert auf sich hat und warum er wichtig ist
Beim Zeitwert handelt sich um einen Wert, welchen ein versichertes Objekt zum Schadenszeitpunkt aufweist. Damit der Zeitwert korrekt bestimmt werden kann, muss vom Neuwert eines Objekts ein gewisser Abzug – aufgrund Abnutzung und Alter des Gegenstands – mit einkalkuliert werden. Anders als bei der Hausratversicherung trägt die Haftpflichtversicherung den Zeitwert eines beschädigten Objekts und somit auch den tatsächlich zustande gekommenen Schaden.
Die (private) Haftpflichtversicherung ist eine Zeitwertversicherung.
Beschädigt / zerstört jemand z.B. Ihr iPhone, so erhalten Sie von dessen Privathaftpflicht nur den “Zeitwert” / “Restwert” und müssen für den tatsächlichen Ersatz oft draufzahlen.
Hat man als Versicherter also versehentlich ein Handy eines Dritten beschädigt, dann zahlt die Haftpflichtversicherung den Zeitwert des Geräts aus. Dieser Wert unterscheidet sich vom Neuwert, da hier die Abnutzung bzw. das Alter des Geräts berücksichtigt werden müssen.
Auch bei einer Elektronikversicherung kann der Zeitwert relevant sein
Im Falle einer abgeschlossenen Elektronikversicherung prüft der Versicherer zunächst, ob sich der Schaden mit einer Reparatur beheben lässt. Die auf diese Weise zustande kommenden Kosten werden von der Versicherung maximal in der Höhe der vereinbarten Deckungssumme und des Zeitwerts übernommen. Ist zu jenem Zeitpunkt der Kauf eines Neugeräts preiswerter als der Zeitwert, dann kann der Versicherer selbst entscheiden, welche Kosten er tragen möchte.
Die Unterversicherung: Was ist das genau?
Um sicherzustellen, dass der Versicherer im Falle eines Schadens entstandene Kosten in ganzer Höhe trägt, ist es besonders wichtig, schon beim Vertragsabschluss auf eine Deckungssumme (Versicherungssumme) in ausreichender Höhe zu achten. Denn kommt es tatsächlich zu einem Schaden und der Versicherte hat die Deckungssumme zu niedrig angesetzt, kommt es zu einer sogenannten Unterversicherung (siehe Hausrat Unterversicherung). Hier haben Versicherungen das Recht, die Leistung abhängig von der Höhe der Deckungssumme zu kürzen. Das bedeutet: Im Fall eines Schadens ist der Versicherte dann “unterversichert” und muss einen oft nicht unerheblichen Anteil des Schadens selbst bezahlen.
Ein sogenannter Unterversicherungsverzicht ist mit der Versicherung vereinbart, wenn der Versicherte die Versicherungssumme bei seiner Hausratversicherung entsprechend der Quadratmetermethode errechnen lassen. Dies heißt, dass der Versicherer pro Quadratmeter einen gewissen Wert vorgibt, der bei einem Großteil der Versicherer bei 650 € je Quadratmeter Wohnfläche liegt. Akzeptiert man diese Summe, so prüft der Versicherer im Falle eines Schadens nicht, ob eine Unterversicherung vorliegt und zahlt stattdessen den Schaden bis maximal zur Höhe der vereinbarten Versicherungssumme aus. Ohne einen Unterversicherungsverzicht prüft der Versicherer dagegen, ob die vereinbarte Summe dem tatsächlichen Wert der versicherten Gegenstände entspricht. Ist die Versicherungssumme zu niedrig angesetzt, so zieht der Versicherer einen entsprechenden Betrag von der Schadenssumme ab.
Grundsätzlich ist es wichtig, dass es nicht zu einer Unterversicherung kommt. Versicherte sollten also bei teuren Neuanschaffungen unbedingt darauf achten, dass sie immer wieder die Summe des Neuwerts ihres ganzen Hausrats kalkulieren und so auf dem Laufenden bleiben. Als Basis für die Ermittlung der erforderlichen Versicherungssumme wird der Wiederbeschaffungswert – ohne Abzug von Abnutzung und Alter – herangezogen. Insbesondere aufgrund Nachwuchs oder Umzügen oder auch einer größeren Erweiterung des Hausrats kann sich ein Wert drastisch verändern, weswegen eine regelmäßige Überprüfung unumgänglich ist. Es empfiehlt sich, immer wieder gemeinsam mit einem unabhängigen Versicherungsvermittler bzw. der Versicherungsgesellschaft zu untersuchen, ob die bisher geltende Versicherungssumme ausreicht oder erhöht werden sollte.
Was ist eine gleitende Neuwertversicherung?
Der sogenannte gleitende Neuwert kommt inzwischen bei einem Großteil der abgeschlossenen Wohngebäudeversicherungen zum Tragen. Hier wird von einer Summe ausgegangen, die erforderlich ist, um ein Gebäude in denselben Zustand wie vor eines Schadens zu versetzen. Bei einem Wohngebäude handelt es sich um ein Objekt, welches im Laufe der Jahre an Wert zunehmen kann. Deshalb kann es passieren, dass der Verkehrswert eines Hauses höher ist als sein eigentlicher Versicherungswert bzw. die Summe, welche für einen Wiederaufbau zum Neuwert nötig wäre. Werden die relevanten Details zum entsprechenden Gebäude – wie die Wohnfläche oder das Baujahr – korrekt angegeben, so gewährt die Versicherungsgesellschaft einen Unterversicherungsverzicht. In diesem Fall kommt der gleitende Neuwert ins Spiel. Jedes Jahr wird die Wertsteigerung für einen Wiederaufbau eines Gebäudes gemäß des Baupreisindexes neu kalkuliert – diese Berechnungen nimmt das Statistische Bundesamt vor. So kommt es immer wieder zu Anpassungen des Versicherungsbeitrags bzw. auch den Leistungen.
Wichtig: Belege von wertvollen Objekten immer aufbewahren!
Um gegenüber der Versicherung nachweisen zu können, wie hoch der Wert eines beschädigten Objekts beim Kauf war, ist es von Vorteil, wenn der Einkaufsbeleg dafür noch vorhanden ist. So ist es anzuraten, zumindest von sehr teuren Dingen – das gilt auch für Möbelstücke – die Kaufbelege aufzubewahren. Und: Machen Sie immer wieder Fotos von Ihren Wertgegenständen. Diese Dokumente sollten dann außerhalb einer Wohnung aufbewahrt werden, damit sie im Ernstfall sicher sind und bei der Versicherung vorlegen lassen. So sind Experten dazu in der Lage, den Wert eines oder mehrerer Objekte zuverlässig zu schätzen.
Wenn der Wert eines Objekts aus der Sicht eines Versicherten zu niedrig eingeschätzt wird, so sollten Versicherte sich zunächst mit den zuständigen Sachbearbeitern bei der Versicherung informieren, dann einen entsprechenden Gegenbeweis vorzeigen und versuchen, sich irgendwie einig zu werden. Ist dies nicht so einfach möglich, können Sie versuchen, mit einem eigenen Sachverständigen ein Gutachten (Gegengutachten) erstellen zu lassen. Die Deutsche Schadenshilfe verfügt hierfür über ein Netzwerk an kompetenten Gutachtern, die wir Ihnen vermitteln können.
Richtig reagieren im Falle eines Schadens
Damit Unstimmigkeiten bezüglich der Leistungsübernahme einer Wohngebäudeversicherung oder Haftpflichtversicherung bzw. der Hausratversicherung vermieden werden, gehen Versicherte am besten wie folgt vor: Der Schaden sollte zunächst nicht beseitigt werden – auch, wenn man sich damit wohler fühlen würde. Der beschädigte Bereich sollte möglichst unverändert und so mit Bildern oder Videos dokumentiert werden. Nur so kann der Versicherer die Ursache nachvollziehen und verstehen, was passiert ist. Vgl.: Wassserschaden Ursache finden, Brandursachenermittlung, Kabelbrand Ursachen.
Wichtig ist außerdem zu verhindern, dass sich der Schaden noch weiter ausbreitet. Ist ein Wasserschaden zustande gekommen, gilt es, die Wasserzufuhr umgehend zu unterbrechen bzw. den Haupthahn abzustellen. Ist das Dach aufgrund eines Sturms undicht geworden, muss dieses mit einer Plane abgedeckt werden. Auch sollten Versicherte es in keinem Fall versäumen, den entstandenen Schaden umgehend ihrer Versicherung zu melden (siehe Wasserschaden melden, Einbruch melden bei der Versicherung, Feuerschäden melden). Maximal eine Woche, besser aber nur drei Tage sollte gewartet werden, bis der Schaden gemeldet ist (siehe: Hausratversicherung Schaden melden Frist, Gebäudeversicherung Schadensmeldung Frist). Viele Versicherer bieten hierfür inzwischen praktische Apps für das Smartphone an, in der auch direkt Bilder an den Versicherer verschickt werden können. Handelt es sich um einen größeren Schaden, kann es sein, dass der Versicherer einen Gutachter entsendet, der sich das Geschehen vor Ort ansieht. Bei kleineren Schäden schenkt die Versicherung den angefertigten Videos und Fotos in der Regel Glauben, wenn die Medien gut nachvollziehbar sind.
Wie viel Zeit nimmt die Schadensregulierung in Anspruch?
Handelt es sich um einen komplexeren Schaden – wie zum Beispiel um mehrere Schäden, die zu verschiedenen Zeitpunkten geschehen sind oder ist auch der Nachweis nicht so einfach zu erbringen, kann es passieren, dass die Versicherung sich bei der Schadensregulierung viel Zeit lässt. Für Versicherte ist dies zwar ärgerlich, dennoch sollte versucht werden, geduldig zu bleiben und sich immer wieder nach dem Stand zu erkunden. Sofern sämtliche erforderliche Unterlagen eingereicht sind, die Gebäudeversicherung oder Haftpflichtversicherung aber trotzdem nicht zahlen möchte, kann der Versicherte eine Zahlungsfrist von vier Wochen auferlegen (siehe verzögerte Schadensregulierung).
Gerade bei höheren Schadenssummen infolge eines Sturms, eines Brandes oder eines Wasserschadens sind lange Wartezeiten keine Ausnahme. Hier hat die Gebäudeversicherung zwar das Recht, einen Schadensfall zu prüfen, allerdings muss eine unnötig lange Wartezeit über mehrere Monate hinweg keinesfalls stillschweigend hingenommen werden. Als angemessen gilt grundsätzlich eine Wartezeit von 5 bis 6 Wochen. Hier hat man verschiedene Möglichkeiten, um das Verfahren zu beschleunigen:
Zunächst sollte die Begründung der Versicherung überprüft werden. Sofern diese die Leistungsübernahme ablehnt, kann als Erstes die Begründung untersucht werden. So kommt es beispielsweise öfter vor, dass ein Wohngebäude irrtümlich als Bürogebäude versichert worden ist – in diesem Fall darf der Versicherer die Kostenübernahme ablehnen. Oft geschieht es außerdem, dass Risiken wie Hochwasser oder Brände nicht mitversichert sind, weil diese als Elementarschäden gelten und über eine zusätzliche Police / Zusatzoption versichert werden müssen.
Grundsätzlich sollte die Begründung des Versicherers sehr akribisch mit der Schadensmeldung verglichen werden, denn hier geschehen leider immer wieder Fehler. Unter Umständen zeigt sich, dass die Versicherung den Schaden falsch dokumentiert hat. Zur Sicherheit sollten Versicherte dann noch einmal Rücksprache halten und den Sachverhalt erläutern, um einer ungerechtfertigten Zahlungsverweigerung entgegenzuwirken.