Grobe Fahrlässigkeit bei der Gebäudeversicherung: Gesetzliche Grundlagen
Maßgebliche Normen für den Versicherungsvertrag und das Versicherungsrecht finden sich im Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Nachdem das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) im Jahr 2008 reformiert wurde, haben es Wohngebäudeversicherungen und Gebäudeversicherungen zwar schwerer, eine Leistungsverweigerung wegen grober Fahrlässigkeit durchzusetzen. Ausgeschlossen ist das jedoch nicht. Es kommt auch heute noch vor, dass Versicherer ihren Kunden vorwerfen, den Schaden grob fahrlässig herbeigeführt zu haben. Hat die Gebäudeversicherung ihre Bedingungen nach der Reform nicht angepasst, kann sie sich bei einer groben Fahrlässigkeit nicht auf die Reduktion des Versicherungsschutzes berufen. Eine Abweichung der Gebäudeversicherung von gesetzlichen Regelungen führt zur Unwirksamkeit dieser vertraglichen Klausel, wenn sie für den Versicherungsnehmer nachteilig ist und ihn unangemessen benachteiligt. Geregelt ist dies unter anderem in § 307 BGB.
Was ist mitversichert? Und wo liegen Fallstricke?
Die Wohngebäudeversicherung soll die Kosten für Schäden am Gebäude ersetzen, die durch Feuer (vgl. Hausbrand, Wohnungsbrand), Unwetter (Sturmschäden, Starkregen) oder Wasser (Wasserrohrbruch, Leitungswasserschäden) entstehen. Dazu gehören Kosten für die Reparatur, die Instandsetzung und sogar für den Wiederaufbau des Gebäudes nach einem Totalschaden. Achten Sie beim Abschluss eines Vertrages für eine Gebäudeversicherung genau darauf, was bei dem gewählten Tarif Ihrer Wohngebäudeversicherung alles vom Versicherungsschutz umfasst ist. Die Ausschlüsse sind je nach Vertrag und Tarif unterschiedlich.
- Wann ist eine Quotelung oder Leistungskürzung vorgesehen?
- Welches sind Ihre Obliegenheiten als Versicherungsnehmer?
- Was gilt laut Versicherungsvertrag als Obliegenheitsverletzung?
- Welche Leistungen sind im Versicherungsschutz enthalten?
- Was steht im Vertrag zum Thema „grobe Fahrlässigkeit“?
Grob fahrlässig oder vorsätzlich?! – Was ist unter Vorsatz zu verstehen?
Neben grob fahrlässig herbeigeführten Schäden, Unachtsamkeit und Obliegenheitsverletzungen haben Gebäudeversicherungen auch gelegentlich mit einem Schadensfall durch Vorsatz zu tun. In so einem Fall entfällt selbstverständlich der Versicherungsschutz. Denn laut § 81 Abs. 1 VVG ist die Wohngebäudeversicherung von der Leistungspflicht befreit, wenn der Versicherungsnehmer den Schadensfall vorsätzlich herbeigeführt hat. Vorsatz kann jedoch nur dann erfolgreich unterstellt werden, wenn das vorsätzliche Handeln beweisbar ist. Dem Versicherer kommt für die Behauptung der vorsätzlichen Herbeiführung des Schadens volle Beweispflicht zu. Er kann den Beweis auch durch Indizien führen. Ist die Verursachung des Schadens strafrechtlich festgestellt worden, gilt der Vorsatz als bewiesen.
Was ist der Unterschied zwischen fahrlässig und grob fahrlässig?
- Die Definition der Fahrlässigkeit ist im BGB als Missachtung der erforderlichen Sorgfalt festgeschrieben (§ 276 BGB).
- Grobe Fahrlässigkeit wird unterstellt, wenn eine zurechnungsfähige Person den Schaden durch ihr Verhalten hat voraussehen können und ihn dennoch nicht durch eine Anpassung ihres Verhaltens abgewendet hat. – Eine grobe Fahrlässigkeit ist dann deshalb anzunehmen, weil Sorgfalt und Obliegenheitspflicht in besonders schwerem Maß verletzt wurden. Anders ausgedrückt, handelt jemand grob fahrlässig, wenn er einfachste und naheliegendste Denkprozesse außer Acht gelassen hat und dadurch ein Schaden entstanden ist.
Gebäudeversicherung: Beispiele für Schäden durch grobe Fahrlässigkeit?
Schäden können grob fahrlässig durch Unachtsamkeit entstehen, zum Beispiel kann ein Ölbrand durch einen Herd entstehen, weil eine Person vergessen hat, den Herd abzuschalten, bevor sie den Raum oder die Wohnung verließ. In diesem Beispiel kann der Versicherer einwenden, dass eine Verletzung der Obliegenheitspflicht durch grob fahrlässiges Handeln vorliegt, weil der Versicherungsnehmer nicht aufgepasst hat. Vgl. auch: Allianz Gebäudeversicherung zahlt nicht.
Ebenso wird eine Wohngebäudeversicherung dem Versicherungsnehmer grobe Fahrlässigkeit vorwerfen, wenn dieser zum Beispiel während seiner Abwesenheit die Fenster offenlässt und es Einbrechern somit erleichtert, in das Gebäude einzusteigen. Auch offengelassene Fenster können zu einer Leistungsverweigerung seitens der Wohngebäudeversicherung führen (vgl. auch: GEV Gebäudeversicherung zahlt nicht). In einem oberen Stockwerk wird ein offenstehendes Fenster eher als einfache Fahrlässigkeit gewertet werden können, während es im Erdgeschoss grob fahrlässig wäre, bei offenen Fenstern das Haus zu verlassen. Siehe auch: Grobe Fahrlässigkeit – Hausrat.
Ein weiteres Beispiel für grobe Fahrlässigkeit sind brennende Kerzen, die unbeaufsichtigt gelassen werden. Einen Adventskranz auf eine brennbare Unterlage zu stellen, könnte als grob fahrlässig gelten. Grob fahrlässig gegen ihre Obliegenheiten handeln auch Eltern, die Feuerzeuge oder Streichhölzer in Reichweite ihrer Kinder aufbewahren. Hier kommt es sicherlich auch auf das Alter des Kindes an, ob es grob fahrlässig ist, ein Feuerzeug in der Schublade liegenzulassen. In einem vor dem OLG Nürnberg verhandelten Fall (Az.: 8U 16688/15) zahlte die Wohngebäudeversicherung eines Vaters nur 25 % des Schadens, nachdem der kleine Sohn ungehindert mit einem Feuerzeug spielen konnte. Es kommt also neben der Leistungsverweigerung auch eine Leistungskürzung oder sogenannte Quotelung in Betracht.
Einrede grober Fahrlässigkeit – Sind auch Sie betroffen?
Wir können Ihnen erfahrene Dienstleister empfehlen, die mit der Thematik der groben Fahrlässigkeit rund um die Gebäudeversicherung vertraut sind (vgl. auch Probleme mit der Versicherung – was tun?).
Gern vermitteln wir Ihnen einen Fachanwalt für Versicherungsrecht, der Ihnen im Schadensfall zur Seite steht, auch wenn Ihnen vorgeworfen wird, grob fahrlässig gehandelt zu haben. – Nehmen Sie jetzt sofort Kontakt mit uns auf!
Siehe außerdem: Versicherung zahlt nicht nach Gutachten, Fahrlässige Brandstiftung – zahlt Versicherung?, Folgeschäden von Wasserschaden, Gebäudeversicherung: Was ist wichtig?