Vorsatz und Fahrlässigkeit wirken sich auf den Versicherungsschutz aus
Beim Thema Versicherungsschutz kommt immer wieder das Wort Fahrlässigkeit auf – und das damit verbundene Problem, dass der Versicherungsschutz in so einem Fall entfallen könnte. Doch was bedeutet dies genau für Versicherte? Prinzipiell heißt Fahrlässigkeit, dass der Versicherte durch sein eigenes Verhalten einen Schaden mit herbeigeführt hat. Das kann aber genauso gut bei einem vorsätzlichen Verhalten der Fall sein. Wenn es also tatsächlich zu einem Schaden kommt, so muss geklärt werden, wer eine (Mit-)Schuld am Schaden trägt, weil er nicht korrekt gehandelt oder einfach unachtsam war. Alles Wichtige zum Thema Fahrlässigkeit und Vorsatz stellen wir Ihnen im nachfolgenden Ratgeber genauer vor.
Fahrlässigkeit Definition: Wann gibt es Ärger mit der Versicherung?
Die Definition von Fahrlässigkeit ist etwas komplex und wird im BGB genau geregelt.
- Fahrlässig handelt jemand dann, wenn er seine erforderliche Sorgfalt missachtet (§ 276 BGB).
- Dies heißt, dass sich jeder dazu verpflichtet, die Vorsicht aufzubringen, welche in bestimmten Situationen erforderlich ist.
- Um ein Verhalten als fahrlässig zu erklären, müssen darüber hinaus die Folgen bereits zum Zeitpunkt des Handelns absehbar sein.
- Das bedeutet wiederum: Man muss sich so verhalten, dass negative Folgen nicht zu erwarten sind. Wird dies missachtet, so geht der Versicherte selbst ein Risiko ein, missachtet seine Vorsicht und Sorgfalt und handelt somit auch fahrlässig (siehe auch: Grobe Fahrlässigkeit in der Wohngebäudeversicherung; Hausrat – grobe Fahrlässigkeit – Beispiele).
Typische Beispiele sind Frostschäden am Haus durch eine falsche Vorsorge, ein Sturmschaden im Garten, weil man vergessen hat, Gartenmöbel abzubauen oder auch ein Wasserschaden, weil man versehentlich ein Wasserrohr angebohrt hat. Hierbei handelt es sich natürlich um Unachtsamkeit oder Unwissen, doch diese schützen bekanntlich ebenfalls nicht vor einem möglichen Schaden (vgl.: Wasserschaden selbst verursacht).
Im Versicherungsrecht beschreibt die Fahrlässigkeit einen Schaden, der zwar nicht von jemandem absichtlich herbeigeführt, aber zumindest durch falsches Verhalten begünstigt wird – und somit auch einen klaren Schuldigen mit sich bringt. Wenn die betreffende Person diesen Schaden durch anderweitiges Verhalten aber hätte verhindern können, dann handelt es sich ganz klar um Fahrlässigkeit. In so einem Fall muss damit gerechnet werden, dass die zuständige Versicherung den Schaden nur teilweise oder auch überhaupt nicht bezahlen wird (siehe auch: Versicherung zahlt nicht).
Vorsatz im Versicherungsrecht: Hier geht es nicht nur um die Sorgfaltspflicht
Als Vorsatz definiert man das Wollen und Wissen eines Menschen, einen Tatbestand bewusst herbeizuführen. Im Versicherungsrecht spielt dieses Thema eine entscheidende Rolle:
- Im Falle einer Schadensmeldung untersucht die Versicherungsgesellschaft, ob der Versicherungsnehmer mit Vorsatz gehandelt hat.
- Lässt sich auf diese Weise ermitteln, dass der Schaden absichtlich herbeigeführt worden ist, dann muss die Versicherung auch den Schaden nicht bezahlen – das könnten beispielsweise ein Küchenbrand, ein Hausbrand, ein Wohnungsbrand oder weitere Brandschäden sein (vgl.: Brandursachen im Haushalt). Auch ein Wasserschaden durch Waschmaschine, durch den das Haus unter Wasser steht, zählt dazu, das Schema ist also ähnlich.
Aus diesem Grund ist für gewöhnlich in Versicherungsverträgen klar geregelt – das gilt sowohl für die Hausratversicherung als auch für die Gebäudeversicherung / Wohngebäudeversicherung – dass im Falle eines Vorsatzes keine Leistungen seitens der Versicherung erfolgen.
Bedingter und bewusster Vorsatz – welche Unterschiede gibt es?
Im Versicherungsrecht werden prinzipiell zwei Stufen vorsätzlichen Handels unterschieden:
- bedingter Vorsatz
- bewusster Vorsatz.
Bei bewusstem Vorsatz handelt es sich um einen Fall, in dem der Schaden das primäre Ziel der Handlungen des Versicherten ist – er also diesen als Täter absichtlich herbeiführt, um von den Leistungen der zuständigen Versicherung zu profitieren.
Um bedingten Vorsatz handelt es sich dann, wenn ein Schaden, den die eigene Handlung verursacht, in Kauf genommen wird. Schon ein bedingter Vorsatz genügt, damit Versicherungen keine Zahlungen mehr leisten müssen.
Hier besteht ein klarer Unterschied von fahrlässigen Handlungen, denn es kommt im Versicherungsrecht stets darauf an, ob Versicherte bewusst handeln. Nicht immer lässt sich vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten klar voneinander trennen. Allerdings erfährt der Versicherte auch einen gewissen Schutz, da die Versicherung in der Beweispflicht steht und nachweisen muss, dass der Versicherte mit Vorsatz gehandelt hat, damit es nicht zu einer Schadenszahlung kommt (vgl. Ärger mit Versicherung).
Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit ist darüber hinaus die Tatsache, dass ein Schaden nicht das Ziel des Handelns war. Die entsprechende Person nimmt den möglichen Schaden zwar in Kauf, legt das Handeln aber nicht in erster Linie darauf an. Sonst handelt es sich stets um Vorsatz und auf diesen Kosten bleiben Versicherte letzten Endes immer sitzen.
Einfache Fahrlässigkeit und grobe Fahrlässigkeit – was ist was?
Im Versicherungsrecht wird darüber hinaus zwischen leichter Fahrlässigkeit und grober Fahrlässigkeit klar unterschieden. Diese Abgrenzung kann ein wichtiger Faktor dafür sein, ob die Versicherung die Kosten, die durch einen Schaden entstehen, tragen muss oder eben nicht. Leider gibt es vom Gesetzgeber hierfür keine exakte Definition, so dass die Zuordnung im Falle eines Falles eine gerichtliche Klärung erfordert.
- Leichte Fahrlässigkeit oder einfache Fahrlässigkeit kommt dann zustande, wenn ein Schaden durch Unachtsamkeit oder Unwissen verursacht worden ist.
- Von grober Fahrlässigkeit ist dagegen die Rede, wenn eine Person klar ihre Sorgfaltspflicht verletzt und somit wissentlich einen Schaden verursacht – also etwas, das in keinem Fall hätte passieren dürfen.
Wie sieht es bei fahrlässigem Verhalten (verschiedener Schwere) mit dem Versicherungsschutz aus?
Sofern eine Person durch das fahrlässige Verhalten einer anderen Person zu Schaden kommt, dann ist diese dazu berechtigt, Schadensersatz zu verlangen. Hier schreibt der Gesetzgeber:
“Verletzt man vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, die Gesundheit, den Körper, die Freiheit das Eigentum oder auch andere Rechte einer zweiten Person, so ist man zum Schadensersatz verpflichtet.”
Von Vorteil ist in diesen Fällen somit eine private Haftpflichtversicherung, die jeder abschließen sollte und die in der Regel für Schadensersatzforderungen aufkommt. Doch auch hier gibt es natürlich Grenzen – je nach Tatbestand und Verschulden.
Bis vor wenigen Jahren galt bei den Versicherungsgesellschaften das Motto «Alles oder nichts». Das bedeutete: Die Versicherungen mussten nicht für Schäden aufkommen, die durch grob fahrlässiges Verhalten vom Versicherten zustande gekommen sind. Leistungen für solche Schäden wurden prinzipiell vom Versicherer ausgeschlossen. Schäden, welche durch mittlere oder geringe Fahrlässigkeit entstanden sind, wurden normalerweise vollständig von den Versicherungen übernommen.
Mit Einführung der Versicherungsrechtsreform im Jahr 2008 hat sich dies aber deutlich geändert: Versicherte tragen nun auch bei grober Fahrlässigkeit nur noch jenen Teil des Schadens, den sie auch wirklich selbst herbeigeführt haben. Dieser Anteil ist stets individuell zu kalkulieren, wofür oft ein Gutachter nötig ist. Betroffene Versicherungen sind für solche Fälle unter anderem Hausrat-, Gebäude- oder auch Haftpflicht- und KFZ-Versicherungen. Je nach Schadensfall kommen dann verschiedene Arten von Sachverständigen / Gutachtern zum Einsatz, siehe u.a. Staatlich anerkannter Immobiliengutachter, unabhängiger Baugutachter, Schimmel Gutachter, Bauschäden Gutachter, Sachverständiger für Feuchteschäden, Sachverständiger für Brandursachenermittlung, Gutachter für Hausrat bis hin ggf. zum Schmuckgutachter.
Nicht vergessen werden darf hierbei zudem, dass Versicherungsgesellschaften noch immer das Recht dazu haben, in gewissen Fällen bei grober Fahrlässigkeit eine Leistungskürzung oder gar Leistungsverweigerung vorzunehmen. Das gilt beispielsweise dann, wenn ein Autofahrer betrunken am Steuer sitzt und somit einen Verkehrsunfall herbeiführt. Auch dann, wenn er versehentlich seinen Schlüssel stecken lässt und sich vom Auto entfernt, das dadurch gestohlen wird, handelt er in jedem Fall grob fahrlässig. Somit hat er auch keinerlei Anspruch auf die Versicherungsleistungen.
Ein anderes Beispiel ist das kurzzeitige Verlassen eines Raums, in dem Kerzen brennen. Dies allein ist noch nicht grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten. Kommt es aufgrund dessen aber zu einem Hausbrand, so ist dies u.U. kein abgedeckter Versicherungsschaden für die Gebäudeversicherung.
Wichtig ist hierbei: Sofern ein Schaden lediglich aufgrund leichter Fahrlässigkeit vom Versicherten herbeigeführt wird, dann ist damit nicht automatisch der Versicherungsschutz gewährleistet. Das heißt im Klartext: Auch bei einem solchen Schaden kann der Versicherte zu einer anteilmäßigen Zahlung verpflichtet werden.
Wichtige Aspekte zum Thema einfache und grobe Fahrlässigkeit
Abhängig vom Einzelfall, aber auch der Intensität des Schadens unterscheiden Anwälte für Versicherungsrecht zwischen einfacher, mittlerer und grober Fahrlässigkeit. Der Übergang ist fließend und die Unterscheidung muss häufig juristisch geklärt werden, damit ein Schadensausgleich überhaupt in Frage kommen kann
Ein Beispiel hierfür:
Kommt es zu einem Wohnungseinbruch, weil das Fenster gekippt war und sich der Einbrecher dadurch besonders einfach Zutritt in ein fremdes Haus verschaffen konnte, dann wird dies von einem Anwalt ganz sicher als fahrlässiges Verhalten des Versicherten eingestuft. Denn jeder Hausbesitzer und Mieter sollte wissen, dass ein gekipptes Fenster sich in wenigen Sekunden aufhebeln lässt und Einbrecher hier leichtes Spiel haben. Die Rechtsprechung ist in diesem Fall klar, wenn die Obliegenheiten außer Acht gelassen werden und deshalb zu einem Einbruchschaden kam.
Dennoch kommt es immer auf die individuelle Situation und das Außerachtlassen an. Befindet sich die Wohnung im sechsten Stock und hat man die Wohnung lediglich verlassen, um schnell den Supermarkt aufzusuchen, dann handelt es sich normalerweise um leichte Fahrlässigkeit. Befindet sich die Wohnung allerdings im Erdgeschoss und verreist man für mehrere Wochen, ohne die Fenster zu schließen, dann ist dies klar grob fahrlässig und kein leichtfertiges Verschulden. Werden alle Türen und Fenster sorgfältig verschlossen, sofern es dem Versicherten eben möglich ist, dann spielt das Thema Fahrlässigkeit keinerlei Rolle für die Versicherung und sie wird somit auch für den entstandenen Schaden und die Einbruchschadenbeseitigung aufkommen.
Die Kosten für Versicherungen sind nicht unerheblich
Es mag für viele Versicherungsnehmer pingelig bis böswillig-kriminell klingen, wenn eine Versicherungsgesellschaft, von der man eine Zahlung erwartet, sich der Leistung entzieht – doch ganz so einfach ist es in der Regel nicht. Denn oft liegen einem solchen Schaden teilweise massive Summen zugrunde, die durchaus eine Rolle für den Versicherer spielen. Bei Fällen mit einfacher Fahrlässigkeit tragen die Versicherungen in der Regel immer die Kosten. Grob fahrlässiges Verhalten wird dagegen ausschließlich in der Haftpflicht zu 100 % gewährleistet – das gilt sowohl für private Haftpflichtpolicen als auch für die KFZ-Haftpflicht. Wer eine andere Person schädigt, kann sicher sein, dass das Opfer dafür entschädigt wird – auch dann, wenn der entstandene Schaden durch grob fahrlässiges Verhalten oder einen Eventualvorsatz vom Versicherten selbst herbeigeführt worden ist. Die Versicherungen setzen hierfür auch häufig Gutachter ein, die sich den Schaden genau ansehen und dann eine Einschätzung abgeben (vgl. Gutachter d. Versicherung).
Dennoch kann beispielsweise die KFZ-Haftpflichtversicherung ihren Versicherten im Falle grob fahrlässigen Verhaltens in Regress nehmen und sich somit einen Teil der Kosten vom “Täter” zurückholen. Hier gibt es allerdings ein gewisses finanzielles Limit, denn in den meisten Fällen müssen Versicherungsnehmer auch bei Schäden in Millionenhöhe nicht mehr als 5.000 Euro bezahlen – die gesamte Existenz ist somit normalerweise also nicht gefährdet.
Etwas anders verhält es sich jedoch dann, wenn es sich um einen Schaden am Eigentum geht. Eine Sachversicherung, wie für den Hausrat, das Fahrzeug oder das Gebäude, kann nämlich bei grob fahrlässigem Verhalten auch die Leistung kürzen. Trägt der Versicherte zum Beispiel zu einem großen Teil Schuld am entstandenen Schaden, wie einem Wohnungsbrand durch unbeaufsichtigte Kerzen, so ist der Versicherer auch dazu berechtigt, die Leistung zu einem entsprechenden Teil zu kürzen und nur einen Teil der Kosten zu tragen, nachdem das Schadensmeldungsformular ausgefüllt worden ist. Hier kommt es nicht selten zu Streitigkeiten, die einer juristischen Klärung bedürfen und teilweise sehr langwierige Untersuchungen und Gutachten nach sich ziehen können.
Teure Prozesse vermeiden mit einem umfassenderen Versicherungsschutz
Möchte man im Schadensfall nervenaufreibende Streitigkeiten und zähe Prozesse vor Gericht vermeiden, kann man bereits mit einer entsprechenden Prävention Abhilfe schaffen: Verbraucher sollten sich für einen Versicherungstarif entscheiden, bei denen auch die grobe Fahrlässigkeit abgedeckt ist. Zwar gibt es viele Versicherungen, welche diese Option anbieten, allerdings sind die Kosten dafür natürlich auch höher als für einen Basistarif. Trotzdem lohnt sich der zusätzliche Schutz, wenn man im Ernstfall wirklich abgedeckt sein möchte.
Von großer Bedeutung ist hier allerdings auch der Blick in das Kleingedruckte. Auch dann, wenn die grobe Fahrlässigkeit mit in den Versicherungsschutz integriert ist, trägt die Versicherung dennoch nicht immer die vollen Kosten. In vielen Fällen wird die Leistung der Versicherung auf eine bestimmte Summe begrenzt, wie zum Beispiel auf 100.000 Euro.
Weiterhin wird für gewöhnlich im Vertrag auch extremes Fehlverhalten vom Versicherten ausgeschlossen. Fährt man mit einem Promille Auto, missachtet dabei rote Ampeln und beschädigt dadurch noch sein Auto, kann man natürlich nicht davon ausgehen, dass eine Versicherung hier für den Schaden aufkommen wird. Von Vorsatz ganz zu schweigen.